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UA durch die PhonoKlangGalerie: Januar 2002, Oldenburg, Gegenlichtkino
Ein andalusischer Hund
(1929), Regie: Luis Bunuel, Dali
Schauspieler: Simone Mareuil, Pierre Batcheff, Jaime
Miravilles, Dali, Bunuel
Verwendete Musik: Trans Am, rrr 500, Helmet, Polmo Polpo,
Edgar Varèse, Einstürzende Neubauten, abbc, u.a.
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Zur
Musik:
Bei der Vertonung von Der andalusische
Hund durch die PhonoKlangGalerie
haben zwei Faktoren des Films eine wesentliche Rolle gespielt:
Zum einen der non-lineare Verlauf der Handlung, der den jeweiligen
Bildern und Szenen etwas Statisches von einer Chronologie oder
Dramatik abweichendes verleiht, und als zweites die sehr expressiven
Bilder, und die rohe und sehr körperbezogene Seite des
Films.
In der Vertonung wird so zunächst der dramatische und dynamische
Verlauf der Musik sehr reduziert, wie vorher vielleicht vergleichbar
bei der Vertonung von Germaine Dulacs
Coquille et le Clergyman
auch der Fall gewesen ist. Bezeichnenderweise werden zu diesem
Zweck zwei Endlosrillen verwendet, die, kombiniert mit den Rauschexperimenten
der Elektronikkünstler Aqua
Orca, einen beständigen Druck
und eine durchgehende, herzschlagartig pulsierende Geräuschkulisse
erzeugen.
Darüber hinaus verweist der Klang von elektrischen Gitarren,
wie die stetig eingestreuten Fragmente der Hardcoreband Helmet
oder der Klang der einen Endlosrille von der Band Trans
AM, die aus einem dauerhaft klingenden
Gitarrenakkord besteht, auf Elemente von Rockmusik, wie starke
Körperbezogenheit, Wut, Nervosität und Rohheit oft
bis hin zum Masochismus.
In diesen stetigen Druck, mit nur sehr dezenten dynamischen
Schwankung, werden an verschiedenen Stellen Stücke eingestreut,
die die dramatischen Elemente des Films sehr zurückhaltend
unterstreichen.
Zum einen das Stück Wüste
(Ballettversion) der Schrottindustrialmusiker Einstürzende
Neubauten, was sich in seinem Gestus
wenig von der Klangfläche abhebt. Zum anderen ein Stück,
was sich im Gegenteil in seiner Schlichtheit und Klarheit um
so mehr von der Geräuschkulisse unterscheidet: Ein Stück
für Soloflöte, des francoamerikanischen Komponisten
Edgar Varese.
Nicht nur vom Klang sondern auch von seiner Konzeption steht
dieses Stück mit dem Namen Density
21,5 für ganz andere Elemente als die oben beschriebenen.
Der strenge, naturwissenschaftliche Charakter des Stückes
der Titel beinhaltet die Dichte von Platin, da das Stück
zur Einweihung der ersten Platinflöte geschrieben wurde
steht deutlich dem irrationalen Charakter der restlichen Musik
entgegen und verkörpert, wenn auch mit der angemessenen
Zurückhaltung, die andere Seite des Films die
Logik im Chaos oder auch eine freudianisch-wissenschaftliche
Suche hinter der surrealistischen Bilderflut.
Das Ende der Vertonung dieses Filmklassikers ist versöhnlich,
fast kitschig. Der obskure Ausweg aus der Stadt, beziehungsweise
der Wohnung, in die Weite des Strandes, wird begleitet durch
die ruhig-harmonischen Klänge der französischen Band
abbc, die den Film, kombiniert mit wenigen
Plattenspielereffekten, bis zum Schluss begleitet. |
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Paris
schläft (1925), Regie: Rene Clair
Schauspieler: Albert Prejean, Marcel Valleee, Henri Rollan,
Madelleine Rodrigue
Verwendete Musik: Thelonius Monk, abbc, Sam Prekop, Phillip Glass,
Steve Reich, Jim O'Rouke, Nina Simone, God Speed You! Black Emperor,
Michel Petrucciani, Lenni Tristano, Moder Jazz Quartett, Frosty And
The Diamonds, Jules Massenet, u.a.
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Zur
Musik:
Ähnlich wie bei Der andalusische Hund
spielt auch bei Paris schläft die
Schichtung mehrer Musikstücke eine zentrale Rolle
hier nur wesentlich programmatischer.
Bis zum Wiederaufwachen der eingeschlafenen Welt liegt ein sich wiederholendes
Stück der Band abbc unter dem Rest der
Musik, und bildet einen dezenten aber stetigen Störfaktor
als Symbol für die auf sehr humorvolle Art und Weise aus den
Fugen geratene Welt. Darüber liegen lockere, mal mehr rhythmische,
mal deutlich melodiösere Klänge:
Begleitet von den pluckernden Elektroklängen von Sam
Prekop, steigt der Leuchturmwärter neugierig in die schlafende
Stadt hinab und zum lässig schlurfenden Blue
Monk von Thelonius Monk
(in einer Version mit Monk selbst am Klavier)
erkundet er belustigt die schlafenden Stadtbewohner. Parallel zur
Vergrößerung der Gruppe und deren zunehmenden wilden Späßen
mit den Schlafenden, gewinnt die Musik dann deutlich an Unruhe und
gipfelnd in dem wilden Fest der Gruppe, was durch schneller gedrehte
und sich steigernde Be Bop-Musik begleitet wird.
Der Moment in der die Welt schließlich wieder in Gang kommt
und erwacht, wird von einem langsam in Fahrt kommenden Plattenspieler
unterstützt, aus dem ein schmissiger Ausschnitt aus dem Ballett
Le Cid von Jules
Massenet erklingt der Klang von abbc
verschwindet und taucht erst in dem Moment wieder auf, wenn die Welt
erneut einschläft.
In beiden Fällen, ob schlafend oder wach, spielen vor allem Jazzklänge
eine wesentliche Rolle, wie die des Modern Jazz
Quartett, von Michel Petrucciani
oder Lenni Tristano, hinzu kommen dezent
atmosphärische Klänge von God Speed
You! Black Emperor oder Jim O'Rouke.
Das Ende des Films hat neben seinem fröhlich kitschigen wiederum
auch programmatischen Charakter. Insofern als das hier dasselbe Schlussstück
der bereits bekannten Band abbc verwendet
wird wie bei Der andalusische Hund. So
unterschiedlich diese beiden Filme sind, so berechtigt ist es doch
sie innerhalb eines Programms auftauchen zu lassen
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