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Ein andalusischer Hund (1929), Regie: Luis Bunuel, Dali
Un chien andalou

Paris schläft (1923), Regie: Rene Clair
Paris qui dort

UA durch die PhonoKlangGalerie: Januar 2002, Oldenburg, Gegenlichtkino



Ein andalusischer Hund (1929), Regie: Luis Bunuel, Dali

Schauspieler: Simone Mareuil, Pierre Batcheff, Jaime Miravilles, Dali, Bunuel

Verwendete Musik: Trans Am, rrr 500, Helmet, Polmo Polpo, Edgar Varèse, Einstürzende Neubauten, abbc, u.a.
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Zur Musik:

Bei der Vertonung von Der andalusische Hund durch die PhonoKlangGalerie haben zwei Faktoren des Films eine wesentliche Rolle gespielt:
Zum einen der non-lineare Verlauf der Handlung, der den jeweiligen Bildern und Szenen etwas Statisches von einer Chronologie oder Dramatik abweichendes verleiht, und als zweites die sehr expressiven Bilder, und die rohe und sehr körperbezogene Seite des Films.

In der Vertonung wird so zunächst der dramatische und dynamische Verlauf der Musik sehr reduziert, wie vorher vielleicht vergleichbar bei der Vertonung von
Germaine Dulacs Coquille et le Clergyman auch der Fall gewesen ist. Bezeichnenderweise werden zu diesem Zweck zwei Endlosrillen verwendet, die, kombiniert mit den Rauschexperimenten der Elektronikkünstler Aqua Orca, einen beständigen Druck und eine durchgehende, herzschlagartig pulsierende Geräuschkulisse erzeugen.

Darüber hinaus verweist der Klang von elektrischen Gitarren, wie die stetig eingestreuten Fragmente der Hardcoreband
Helmet oder der Klang der einen Endlosrille von der Band Trans AM, die aus einem dauerhaft klingenden Gitarrenakkord besteht, auf Elemente von Rockmusik, wie starke Körperbezogenheit, Wut, Nervosität und Rohheit oft bis hin zum Masochismus.

In diesen stetigen Druck, mit nur sehr dezenten dynamischen Schwankung, werden an verschiedenen Stellen Stücke eingestreut, die die dramatischen Elemente des Films sehr zurückhaltend unterstreichen.

Zum einen das Stück
Wüste (Ballettversion) der Schrottindustrialmusiker Einstürzende Neubauten, was sich in seinem Gestus wenig von der Klangfläche abhebt. Zum anderen ein Stück, was sich im Gegenteil in seiner Schlichtheit und Klarheit um so mehr von der Geräuschkulisse unterscheidet: Ein Stück für Soloflöte, des francoamerikanischen Komponisten Edgar Varese. Nicht nur vom Klang sondern auch von seiner Konzeption steht dieses Stück mit dem Namen Density 21,5 für ganz andere Elemente als die oben beschriebenen. Der strenge, naturwissenschaftliche Charakter des Stückes – der Titel beinhaltet die Dichte von Platin, da das Stück zur Einweihung der ersten Platinflöte geschrieben wurde – steht deutlich dem irrationalen Charakter der restlichen Musik entgegen und verkörpert, wenn auch mit der angemessenen Zurückhaltung, die andere Seite des Films – die Logik im Chaos oder auch eine freudianisch-wissenschaftliche Suche hinter der surrealistischen Bilderflut.

Das Ende der Vertonung dieses Filmklassikers ist versöhnlich, fast kitschig. Der obskure Ausweg aus der Stadt, beziehungsweise der Wohnung, in die Weite des Strandes, wird begleitet durch die ruhig-harmonischen Klänge der französischen Band abbc, die den Film, kombiniert mit wenigen Plattenspielereffekten, bis zum Schluss begleitet.










Paris schläft (1925), Regie: Rene Clair

Schauspieler: Albert Prejean, Marcel Valleee, Henri Rollan, Madelleine Rodrigue

Verwendete Musik
: Thelonius Monk, abbc, Sam Prekop, Phillip Glass, Steve Reich, Jim O'Rouke, Nina Simone, God Speed You! Black Emperor, Michel Petrucciani, Lenni Tristano, Moder Jazz Quartett, Frosty And The Diamonds, Jules Massenet, u.a.

Zur Musik:

Ähnlich wie bei Der andalusische Hund spielt auch bei Paris schläft die Schichtung mehrer Musikstücke eine zentrale Rolle – hier nur wesentlich programmatischer.

Bis zum Wiederaufwachen der eingeschlafenen Welt liegt ein sich wiederholendes Stück der Band abbc unter dem Rest der Musik, und bildet einen dezenten aber stetigen Störfaktor – als Symbol für die auf sehr humorvolle Art und Weise aus den Fugen geratene Welt. Darüber liegen lockere, mal mehr rhythmische, mal deutlich melodiösere Klänge:

Begleitet von den pluckernden Elektroklängen von Sam Prekop, steigt der Leuchturmwärter neugierig in die schlafende Stadt hinab und zum lässig schlurfenden Blue Monk – von Thelonius Monk (in einer Version mit Monk selbst am Klavier) erkundet er belustigt die schlafenden Stadtbewohner. Parallel zur Vergrößerung der Gruppe und deren zunehmenden wilden Späßen mit den Schlafenden, gewinnt die Musik dann deutlich an Unruhe und gipfelnd in dem wilden Fest der Gruppe, was durch schneller gedrehte und sich steigernde Be Bop-Musik begleitet wird.

Der Moment in der die Welt schließlich wieder in Gang kommt und erwacht, wird von einem langsam in Fahrt kommenden Plattenspieler unterstützt, aus dem ein schmissiger Ausschnitt aus dem Ballett Le Cid von Jules Massenet erklingt – der Klang von abbc verschwindet und taucht erst in dem Moment wieder auf, wenn die Welt erneut einschläft.

In beiden Fällen, ob schlafend oder wach, spielen vor allem Jazzklänge eine wesentliche Rolle, wie die des Modern Jazz Quartett, von Michel Petrucciani oder Lenni Tristano, hinzu kommen dezent atmosphärische Klänge von God Speed You! Black Emperor oder Jim O'Rouke.

Das Ende des Films hat neben seinem fröhlich kitschigen wiederum auch programmatischen Charakter. Insofern als das hier dasselbe Schlussstück der bereits bekannten Band abbc verwendet wird wie bei Der andalusische Hund. So unterschiedlich diese beiden Filme sind, so berechtigt ist es doch sie innerhalb eines Programms auftauchen zu lassen …