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Juha (1999), Regie: Aki Kaurismäki

Schauspieler: Kati Outinen, Sakari Kuosmanen, Andre Wilms

UA durch die PhonoKlangGalerie: 3. Film&MusikFest Bielefeld 11. 11. 2004
Vorführfassung: 16mm–Fassung aus der Stiftung Deutsche Kinemathek

Verwendete Musik: Antonin Dvorak, Astor Piazolla, finnischer Tango, JungleExotica, Gentle People Paul Hindemith, The Lounge Lizards, Bill Frisell, Wolfgang Rihm, Dewey Redman, Arnold Schönberg, Calexico, Alban Berg, Claude Debussy, Phillip Glass, Fugazi u.a.

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Zur Musik:

Transportiert wird die zwischen Melancholie und kruder Heiterkeit changierende Atmosphäre des Films durch die Verwendung verschiedener Variationen finnischer Tangomusik, die ergänzt wird durch Stücke aus der Klassischen und Neuen Musik.

Bekanntlich ist Finnland nach Argentinien das zweite Mutterland des Tango. Das verwundert kaum, sagt man den Finnen doch auch nach, zu den größten Melancholikern auf Gottes Erde zu gehören. Aber gerade für außerfinnische Ohren gibt es doch ein deutliches Unterscheidungsmerkmal zwischen argentinischem und finnischem Tango. Dem finnischen Tango haftet auch immer etwas kautzig-kurioses an und man geht keineswegs zu weit wenn man dieses Merkmal dem Stummfilm Karusmäkis auch attestieren will.
Aus diesem Grund hat die PhonoKlangGalerie auch ungewöhnlich viel Tango mit Gesang in finnischer Sprache verwendet: Finnischer Tango aus verschiedenen Zeiten und in verschiedener Klang­qualität. Mal entschwebend, ruhig, mal rhythmisch oder auch fast rockig.
Neben den finnischen Tangostücken zum finnischen Film, findet man in der Vertonung auch neben nicht-finnischen Tangostücken, von Edmundo Rivero oder natürlich Astor Piazolla.

Ein zweiter Schwerpunkt ist Streichquartettliteratur der letzten 130 Jahre. Den Rahmen bildet der sehnsuchtsvolle zweite Satz des amerikanischen Streichquartett von Antonin Dvorak – einem Seiten­werk zur berühmten Sinfonie Nr. 9 „Aus der Neuen Welt“. Es passt von der Programmatik ideal, die Auswanderersehnsucht und die Verheißung einer fernen Neuen Welt, sind auch einem anderen Rahmen Bestandteil von Karusmäkis Vorlage von 1911.
Andere Quartette finden sich an verschiedenen Stellen des Filmes mit Werken von: Claude Debussy, Alban Berg, Dimitri Schostakowitsch, oder auch verwandte Formen wie zum Rachefeldzug des enttäuschten Ehemannes Juha Ausschnitte aus dem Streichsextett „Verklärte Nacht“ von Arnold Schönberg, oder zu den Traum und Mordszenen Fragmente aus dem Streichtrio von Wolfgang Rihm.

Das Melodram, wird trotz seines lakonischen Humors und seiner bewusst angelegten Brüche, von der PKG auch in vielerlei Hinsicht auch als solche inszeniert. Zu den oft in mehreren Schichten übereinander­gemischten Tangostücken und den Streichquartetten kommen zahlreiche Ausschnitte aus der Rockmusik und Jazz oder Elektronischer Musik, wie die urbanen Sounds von The Lounge Lizards oder Bill Frisell zu den Stadt und Bordell­szenen, oder die harten Gitarrensounds von Fugazi in Verbindung mit dem oben erwähnten Werk von Arnold Schönberg zu der großen Mordszene am Schluss des Films.

Mit dem Verzicht auf Sprache scheint Karusmäki ein ihm ureigenes Format gefunden zu haben, auch die PKG hat eine Vertonung geschaffen die dem Film zu entsprechen versucht. Sie versucht sich nicht an die ursprüngliche Musik anzulehnen, versucht sie nicht zu korrigieren oder zu kopieren. Einzig einige auf der ursprünglichen Tonspur enthaltenen Geräusche, das Brummen des Rasierapparats oder das Schleif­geräusch der Axt, werden übernommen und tragen mit zu dem melancholischen Humor des Films und der Vertonung bei.