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L´Etoile de mer (1929), Regie: Man Ray

La Coquille et le Clergyman (1927), Regie: Germaine Dulac

Cinq minutes cinema pur (1922), Regie: Henri Chomette

Retour à la raison (1923), Regie: Man Ray

Entr'acte (1924), Regie: René Clair, Writing credits: Francis Picabia, René Clair

UA durch die PhonoKlangGalerie: Oktober 1998, Berlin HU



L´Etoile de mer (1929), Regie: Man Ray

Schauspieler: Robert Desnos, Kiki of Montparnasse

Fassung: 16mm (Schönecker)

Verwendete Musik:
Harvey Anderson, Gregory Corso, Recoil, Thelonius Monk, Nina Simone, Kleptones, Miles Davis, u.a.
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Zur Musik:

Die Musik zu L'Etoile de mer ist vor allem eine Variation des Jazz.

Jazz wird hier in seinen unterschiedlichen Spielarten mit dem Film in Verbindung gebracht. Einzig unterbrochen an einigen Stellen durch ein sehr getragenes Thema der Kleptones, das beim Auftauchen des Seesterns – dem Symbol der verlorenen Liebe (vgl. Text) – die jeweils klingende Jazzmusik langsam ablöst, beziehungsweise mit ihr gemischt wird.

Die im Film gezeigte langsame Entfremdung eines Paares, wird durch die verschiedenen Formen des Jazz unterstützt. Beginnend mit einem lockeren Instrumentalpart aus einem Stück von Nina Simone über die nervösen, großstädtischen Be-Bop Klänge von Miles Davis, bis hin zu dem bedrohlich anmutenden Stück "…" von Gregory Corso (Beat Jazz).

Als leichte Ausweichung und gleichzeitig musikalische Klimax kann der Klang des Stückes Grain von der Band Recoil gesehen werden, das am Höhepunkt des Films gewissermaßen eine Verbindung zwischen den Jazzklängen und dem Seesternthema der Kleptones darstellt.





Coquille et le clergyman (1927), Regie: Germaine Dulac

Schauspieler:
Alex Allin,Genica Athanasiou, Lucien Bataille

Fassung: 16mm (Schönecker)

Verwendete Musik:
Eric Satie, Schönberg, Alban Berg
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Zur Musik:

Der deutlich non-lineare Charakter von Coquille et le Clergyman wird vor allem umgesetzt durch eine starke Begrenzung des musikalischen Materials.

Es wird ausschließlich Klaviermusik verwendet und derer nur äußerst wenig. Hinzu kommt, dass der Klavierklang durch Verwendung von sehr starkem Hall oft deutlich in den Hintergrund gerückt wird, was die surreale – traumwandlerische Atmosphäre des Films unterstreicht.

Bestimmend ist die erste Gnossienne von Eric Satie, das Stück zieht sich mit nur äußerst kurzen Unterbrechungen und jeweils versehen mit unterschiedlichen Effekten durch den ganzen Film. Im Gegensatz dazu sind die Ausschnitte aus den anderen beiden Klavierstücken die verwendet werden äußerst kurz und sie werden ausschließlich sehr pointiert eingesetzt, jedoch auf eine Art und Weise, dass sie sich fast unmerklich in den das verfremdete Satiestück einfügen, so dass nur eine sehr dezente Betonung der Dramatik der einzelnen vorgenommen wird. Hinzu kommt, dass die beiden Stücke (Arnold Schönberg, Klavierstücke op. 11, Alban Berg Klaviersonate op. 1) sich vom musikalischen Duktus sehr ähnlich sind, so dass sie sich gut gemeinsam mit der Gnossienne von Satie in Verbindung bringen lassen.





Cinq minutes cinema pur (1922), Regie: Henri Chomette

Schauspieler:
Keine (Experimentalfilm)

Fassung: 16mm (Schönecker)

Verwendete Musik: Ken Ishii, Future Sound Of London, M-Beat, u.a.
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Zur Musik:

Die Nähe von Henri Chomettes Cinq minutes cinema pur zu der aktuellen MTV Ästhetik ist augenscheinlich. Das hat die PhonoKlangGalerie dazu veranlasst, hier entgegen ihrer sonstigen Art der Vertonung, ausschließlich elektronische und vor allem beatorientierte Klänge zu verwenden.

Korrespondierend mit den architektonischen Formspielen zu Beginn des Films werden zunächst Trance-artige, ruhigere Töne angeschlagen, die sich jedoch langsam zu nervöseren, Rhythmischeren Klängen entwickeln.

Die Formspiele, die der Film in unterschiedlichen, atemlosen Stadtfahrten weiter fortsetzt, werden durch Techno und Drum'n Bass Klänge unter anderem von Ken Ishii und Future Sound of London unterstützt. Verbunden werden die Tracks jeweils durch ein starkes Rauschen – erzeugt durch das Legen der Nadel auf den Mittelteil der sich drehenden Platte – aus dem sich das jeweils folgende Stück herausschält.
Das Rauschen, beziehungsweise das Wechseln der Stücke, erfolgt dabei jeweils parallel zu dem langsamen Wechsel des Mediums in dem sich Chomettes rasante Stadtfahrten abspielen: Schiene – Tunnel – Wasser – Tunnel – Schiene etc.





Retour à la raison (1923), Regie: Man Ray

Schauspieler:
Keine (experimentalfilm)

Fassung: 16mm (Schönecker)

Verwendete Musik: Staalplaat, Einstürzende Neubauten, eight frozen modules, u.a.
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Zur Musik:

Die Entwicklung, die Man Rays Experimentalfilm beschreibt – vom nervös, abstrakten Anfang bis hin zu dem sich ruhig drehenden Oberkörper einer Frau – wird auch von der Musik der PhonoKlangGalerie vollzogen.
Dabei entwickelt sich aus dicht zusammengeschnittenen sehr lauten und hektischen Beginn langsam ein ruhiges, fast naturhaftes Rauschen, was durch leichtes bewegen der Platte mit aufliegender Nadel erzeugt und zudem noch mit verschiedenen Hall-Effekten erweitert wird.

Der Anfang – die Klänge von der Experimentalelektroniker Staalplaat – erinnert dabei an Reste von Morsezeichen die fragmenteierten Störgeräuschen immer wieder abrupt unterbrochen werden. Der dynamische Abstieg von diesem äußerst hektischen Beginn zum bereits erwähnten Rauschen erfolgt unter anderem über das rhytmisch bereits deutlich klarere Stück Installation No.1 von der Band Einstürzende Neubauten, sowie die gemäßigten Elektroklänge von eight frozen modules.





Entr'acte (1924), Regie: René Clair, Writing credits: Francis Picabia, René Clair

Schauspieler: Jean Börlin, Inge Frïss, Francis Picabia, Marcel Duchamp, Man Ray, Darius Milhaud, Eric Satie

Fassung:
16mm (Schönecker)

Verwendete Musik:
Cmeh, Lee Majors, Sid Vicious, Bobby Mc Ferrin, Orchester der NVA, Huang Dam, Marlene Dietrich, Hans Albers, Bella Italia,
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Zur Musik:

Entsprechend dem dadaistischen Charakter des Films und René Clairs Technik der zufälligen Assoziation und der somit völlig zusammenhanglosen, sich oft ins absurde steigernden, Handlung, hat die PhonoKlangGalerie bei der Vertonung dieser Perle der Filmgeschichte, auf ein sehr breit gefächertes, oft wenig zusammenpassendes, Material der Musikgeschichte zurückgegriffen.

Die Filmmusik beginnt mit der sehr eigenwilligen Interpretation des Sinatra-Klassikers My Way durch die Punklegende Sid Viscous und wechselt sogleich, passend zu der Szene in der Eric Satie und Francis Picabia sich um eine Kanone tummeln, zu einer Marschmusik des Orchesters der NVA und den dazugehörendem martialischen Befehlen eines Vorgesetzten, die mit auf dieser Platte enthalten sind.

Dieses Prinzip der Vereinbarung des eigentlich Unvereinbaren, wird den ganzen Film über durchgehalten: vietnamesische Volksmusik wird mit dem berüchtigten Schlager Lili Marleen – hier gesungen von Marlene Dietrich – kombiniert; zu eigentlich melancholisch anmutenden Klezmerklängen hört man Bobby Mc Ferrins don't worry be happy und The unknown stuntman, des als Colt Seavers über die 80er-Jahre-Vorabendserie bekannt gewordenen Lee Majors oder eine Platte mit einem fränzösischen Sprachkurs wird mit einer Italia Schmozzette von einem billigen Sampler namens Bella Italia kombiniert.
Die für die filmmusikalische Arbeit der PhonoKlangGalerie so ungewöhnliche Verwendung von Sprache und Gesang wird hier ad absurdum geführt und gipfelt in einer Reduzierung, oder besser in der totalen Beliebigkeit des semantischen Gehalts der einzelnen Stücke.

Am Ende des Films erklingt der Schlussakkord des Can Can in dem Moment, wo der eigentlich Tote (Der Tänzer Jean Borlin als Taschenspieler verkleidet) sich selbst wegzaubert und klingt aus mit einem kurzen Auschnitt aus dem Song forever young der deutschen Syntiepopband Alphaville, was als kleine Remineszens an den pubertären Humor verstanden werden kann, der den Dadaisten fraglos nicht fremd gewesen ist.