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UA durch die PhonoKlangGalerie: Oktober 1998, Berlin HU
L´Etoile
de mer (1929), Regie:
Man Ray
Schauspieler: Robert Desnos, Kiki of Montparnasse
Fassung: 16mm (Schönecker)
Verwendete Musik: Harvey Anderson, Gregory Corso, Recoil,
Thelonius Monk, Nina Simone, Kleptones, Miles Davis, u.a.
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Zur Musik:
Die Musik zu L'Etoile de mer
ist vor allem eine Variation des Jazz.
Jazz wird hier in seinen unterschiedlichen Spielarten mit
dem Film in Verbindung gebracht. Einzig unterbrochen an einigen
Stellen durch ein sehr getragenes Thema der Kleptones,
das beim Auftauchen des Seesterns dem Symbol der
verlorenen Liebe (vgl. Text) die jeweils klingende
Jazzmusik langsam ablöst, beziehungsweise mit ihr gemischt
wird.
Die im Film gezeigte langsame Entfremdung eines Paares, wird
durch die verschiedenen Formen des Jazz unterstützt.
Beginnend mit einem lockeren Instrumentalpart aus einem Stück
von Nina Simone
über die nervösen, großstädtischen
Be-Bop Klänge von Miles Davis,
bis hin zu dem bedrohlich anmutenden Stück "
"
von Gregory Corso (Beat Jazz).
Als leichte Ausweichung und gleichzeitig musikalische Klimax
kann der Klang des Stückes Grain
von der Band Recoil gesehen werden,
das am Höhepunkt des Films gewissermaßen eine Verbindung
zwischen den Jazzklängen und dem Seesternthema der Kleptones
darstellt.
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Coquille
et le clergyman (1927), Regie: Germaine Dulac
Schauspieler: Alex Allin,Genica Athanasiou, Lucien Bataille
Fassung: 16mm (Schönecker)
Verwendete Musik: Eric Satie, Schönberg, Alban Berg
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Zur Musik:
Der deutlich non-lineare Charakter von Coquille
et le Clergyman wird vor allem umgesetzt durch eine
starke Begrenzung des musikalischen Materials.
Es wird ausschließlich Klaviermusik verwendet und derer
nur äußerst wenig. Hinzu kommt, dass der Klavierklang
durch Verwendung von sehr starkem Hall oft deutlich in den
Hintergrund gerückt wird, was die surreale
traumwandlerische Atmosphäre des Films unterstreicht.
Bestimmend ist die erste Gnossienne
von Eric Satie, das Stück
zieht sich mit nur äußerst kurzen Unterbrechungen
und jeweils versehen mit unterschiedlichen Effekten durch
den ganzen Film. Im Gegensatz dazu sind die Ausschnitte aus
den anderen beiden Klavierstücken die verwendet werden
äußerst kurz und sie werden ausschließlich
sehr pointiert eingesetzt, jedoch auf eine Art und Weise,
dass sie sich fast unmerklich in den das verfremdete Satiestück
einfügen, so dass nur eine sehr dezente Betonung der
Dramatik der einzelnen vorgenommen wird. Hinzu kommt, dass
die beiden Stücke (Arnold Schönberg,
Klavierstücke op. 11, Alban
Berg Klaviersonate op. 1)
sich vom musikalischen Duktus sehr ähnlich sind, so dass
sie sich gut gemeinsam mit der Gnossienne
von Satie in Verbindung bringen
lassen.
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Cinq
minutes cinema pur (1922),
Regie: Henri Chomette
Schauspieler: Keine (Experimentalfilm)
Fassung: 16mm (Schönecker)
Verwendete Musik: Ken Ishii, Future Sound Of London,
M-Beat, u.a.
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Zur Musik:
Die Nähe von Henri Chomettes
Cinq minutes cinema pur zu der
aktuellen MTV Ästhetik ist augenscheinlich. Das hat die
PhonoKlangGalerie dazu veranlasst,
hier entgegen ihrer sonstigen Art der Vertonung, ausschließlich
elektronische und vor allem beatorientierte Klänge zu
verwenden.
Korrespondierend mit den architektonischen Formspielen zu
Beginn des Films werden zunächst Trance-artige, ruhigere
Töne angeschlagen, die sich jedoch langsam zu nervöseren,
Rhythmischeren Klängen entwickeln.
Die Formspiele, die der Film in unterschiedlichen, atemlosen
Stadtfahrten weiter fortsetzt, werden durch Techno und Drum'n
Bass Klänge unter anderem von Ken
Ishii und Future Sound of London
unterstützt. Verbunden werden die Tracks jeweils durch
ein starkes Rauschen erzeugt durch das Legen der
Nadel auf den Mittelteil der sich drehenden Platte
aus dem sich das jeweils folgende Stück herausschält.
Das Rauschen, beziehungsweise das Wechseln der Stücke,
erfolgt dabei jeweils parallel zu dem langsamen Wechsel des
Mediums in dem sich Chomettes rasante Stadtfahrten abspielen:
Schiene Tunnel Wasser
Tunnel Schiene etc.
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Retour
à la raison (1923), Regie: Man Ray
Schauspieler: Keine (experimentalfilm)
Fassung: 16mm (Schönecker)
Verwendete Musik: Staalplaat, Einstürzende Neubauten,
eight frozen modules, u.a.
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Zur Musik:
Die Entwicklung, die Man Rays
Experimentalfilm beschreibt vom nervös, abstrakten
Anfang bis hin zu dem sich ruhig drehenden Oberkörper
einer Frau wird auch von der Musik der PhonoKlangGalerie
vollzogen.
Dabei entwickelt sich aus dicht zusammengeschnittenen sehr
lauten und hektischen Beginn langsam ein ruhiges, fast naturhaftes
Rauschen, was durch leichtes bewegen der Platte mit aufliegender
Nadel erzeugt und zudem noch mit verschiedenen Hall-Effekten
erweitert wird.
Der Anfang die Klänge von der Experimentalelektroniker
Staalplaat erinnert
dabei an Reste von Morsezeichen die fragmenteierten Störgeräuschen
immer wieder abrupt unterbrochen werden. Der dynamische Abstieg
von diesem äußerst hektischen Beginn zum bereits
erwähnten Rauschen erfolgt unter anderem über das
rhytmisch bereits deutlich klarere Stück Installation
No.1 von der Band Einstürzende
Neubauten, sowie die gemäßigten Elektroklänge
von eight frozen modules.
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Entr'acte
(1924), Regie: René Clair, Writing credits:
Francis Picabia, René Clair
Schauspieler: Jean Börlin, Inge Frïss, Francis
Picabia, Marcel Duchamp, Man Ray, Darius Milhaud, Eric Satie
Fassung: 16mm (Schönecker)
Verwendete Musik: Cmeh, Lee Majors, Sid Vicious, Bobby Mc
Ferrin, Orchester der NVA, Huang Dam, Marlene Dietrich, Hans
Albers, Bella Italia,
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Zur Musik:
Entsprechend dem dadaistischen Charakter des Films und René
Clairs Technik der zufälligen
Assoziation und der somit völlig zusammenhanglosen, sich
oft ins absurde steigernden, Handlung, hat die PhonoKlangGalerie
bei der Vertonung dieser Perle der Filmgeschichte, auf ein
sehr breit gefächertes, oft wenig zusammenpassendes,
Material der Musikgeschichte zurückgegriffen.
Die Filmmusik beginnt mit der sehr eigenwilligen Interpretation
des Sinatra-Klassikers
My Way durch die Punklegende
Sid Viscous und wechselt sogleich,
passend zu der Szene in der Eric Satie
und Francis Picabia sich um eine
Kanone tummeln, zu einer Marschmusik des Orchesters der NVA
und den dazugehörendem martialischen Befehlen eines Vorgesetzten,
die mit auf dieser Platte enthalten sind.
Dieses Prinzip der Vereinbarung des eigentlich Unvereinbaren,
wird den ganzen Film über durchgehalten: vietnamesische
Volksmusik wird mit dem berüchtigten Schlager Lili
Marleen hier gesungen von Marlene
Dietrich kombiniert; zu eigentlich melancholisch
anmutenden Klezmerklängen hört man Bobby
Mc Ferrins don't worry be happy
und The unknown stuntman, des
als Colt Seavers über die
80er-Jahre-Vorabendserie bekannt gewordenen Lee
Majors oder eine Platte mit einem fränzösischen
Sprachkurs wird mit einer Italia Schmozzette von einem billigen
Sampler namens Bella Italia kombiniert.
Die für die filmmusikalische Arbeit der PhonoKlangGalerie
so ungewöhnliche Verwendung von Sprache und Gesang wird
hier ad absurdum geführt und gipfelt in einer Reduzierung,
oder besser in der totalen Beliebigkeit des semantischen Gehalts
der einzelnen Stücke.
Am Ende des Films erklingt der Schlussakkord des Can
Can in dem Moment, wo der eigentlich Tote (Der Tänzer
Jean Borlin als Taschenspieler
verkleidet) sich selbst wegzaubert und klingt aus mit einem
kurzen Auschnitt aus dem Song forever
young der deutschen Syntiepopband Alphaville,
was als kleine Remineszens an den pubertären Humor verstanden
werden kann, der den Dadaisten fraglos nicht fremd gewesen
ist.
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